In § 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist der Widerruf der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis (ANÜ - Erlaubnis) geregelt. Gemäß § 5 Absatz 1 Nr. 3 AÜG kann die ANÜ - Erlaubnis mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Erlaubnisbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Erlaubnis zu versagen. Ein wichtiger Versagungsgrund ist gemäß § 3 Absatz 1 Nr.1 AÜG die fehlende Zuverlässigkeit des Antragstellers im Hinblick auf (abgekürzt formuliert) Einhaltung der Vorschriften des Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrechts, Ausländerrechts, Arbeitnehmerschutzrechts und Arbeitsrechts.
Am 30.04.2024 erging hierzu das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts (LSG) zum Aktenzeichen L 10 AL 249/24 B ER.
Die Arbeitsagentur hatte eine ANÜ - Erlaubnis wegen angeblicher Verletzung diverser arbeitsrechtlicher Pflichten widerrufen. Die hier kommentierte Entscheidung des LSG ist allerdings nicht wegen detaillierter Auseinandersetzung mit den behaupteten Widerrufsgründen interessant, sondern wegen der Hervorhebung folgender wichtiger Grundsätze:
Für den Widerruf der ANÜ - Erlaubnis genügt nicht der Vorhalt von Verstößen in der Vergangenheit. Es muss die Prognose für die Zukunft begründet werden, dass und warum zu besorgen ist, dass der Erlaubnisinhaber sein Gewerbe nicht im Einklang mit den bestehenden rechtlichen Vorschriften ausüben wird. Wenn diese Prognose (in einem gerichtlichen Verfahren) im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht zu einem klaren Ergebnis führt, so geht dies zu Lasten der Erlaubnisbehörde.
Zur Begründung einer negativen Prognose darf die Erlaubnisbehörde vorangegangene Verstöße heranziehen. Diese verlieren allerdings mit zunehmendem zeitlichen Abstand an Gewicht.
Wenn der Erlaubnisinhaber plausibel darlegt, dass und wie er die Ursachen früherer Verstöße beseitigen wird, bedarf es einer ausführlichen und detaillierten Würdigung dieses Vortrages durch die Erlaubnisbehörde, um eine negative Prognose aufrecht erhalten zu können. Diese Erwägung des LSG ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil behördliche Entscheidungen nicht selten nur knapp, oberflächlich und einseitig begründet werden, was nach den Erläuterungen im hier kommentierten Urteil nicht ausreicht, um den Widerruf einer ANÜ - Erlaubnis zu tragen.
Wegen der sehr einschniedenden Wirkung des Widerrufes einer ANÜ - Erlaubnis hat die Erlaubnisbeshörde bei der von ihr anzustellenden Ermessensentscheidung sorgfältig zu prüfen, ob vor dem Widerruf die Erteilung einer (gemäß § 2 Absatz 2 Satz 2 AÜG auch nach Erteilung der Erlaubnis möglichen) Auflage ausreicht. Eine Auflage kann hierbei auch den Inhalt gesetzlicher Regelungen wiedergeben. Der Widerruf der Erlaubnis ist als letztes Mittel (ultima ratio) erst bei beharrlicher oder gravierender Rechtsverletzung möglich, wenn keine mildere Maßnahme mehr zur Verfügung steht.
Die Erwägungen des LSG können in folgenden Sätzen zusammengefasst werden: Der Widerruf einer ANÜ - Erlaubnis ist im Regelfall nur dann rechtmäßig, wenn es trotz vorangegangener Auflagen gegenüber dem Erlaubnisinhaber weiterhin zu beharrlichen oder gravierenden Rechtsverstößen gekommen ist. Der Widerrufsbescheid muss erkennen lassen, dass sich die Erlaubnisbehörde mit sämtlichen Entlastungsargumenten des Erlaubnisinhabers intensiv auseinandergesetzt hat und trotz dieser Argumente ein milderes Mittel als der Widerruf der Erlaubnis nicht in Betracht kommt.
Die hier kommentierte Entscheidung des LSG betont die strengen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über den Widerruf der ANÜ - Erlaubnis.