Gemäß § 7 Absatz 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, ansonsten verfällt der Urlaubsanspruch. Bei dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen kann der Urlaub auf das folgende Kalenderjahr übertragen werden. Im Fall einer solchen Übertragung muss der Urlaub dann aber bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden, andernfalls verfällt der Urlaubsanspruch.
Wegen des Inhaltes der Richtlinie 2003/88 /EG kommt es aber nur dann zu einem Verfall des Urlaubsanspruches des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer eindeutig und konkret dazu aufgefordert hat, ihm noch zustehenden Urlaub zu nehmen. Ohne eine solche Aufforderung verfällt der Urlaubsanspruch nicht, sondern kommt zu dem ab dem 1. Januar des Jahres neu entstehenden Urlaubsanspruch hinzu. Eine solche Zusammenballung von Urlaubsansprüchen kann der Arbeitgeber nur so auflösen, dass er im laufenden Kalenderjahr den Arbeitnehmer auffordert, auch seinen aus vorangegangenen Kalenderjahren angesammelten Urlaubsanspruch zu realisieren. Falls der Arbeitnehmer dann seinen Urlaub immer noch nicht nimmt, verfällt er am Ende des Kalenderjahres.
Diese Rechtslage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im aktuellen Urteil vom 26.04.2022 zum Aktenzeichen 9 AZR 367/21 bekräftigt und zudem geurteilt, dass diese Rechtslage auch für den Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer gilt. Dies bedeutet, dass auch der Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auffordert, einen noch bestehenden Anspruch auf Zusatzurlaub zu realisieren. Gemäß dem vorgenannten Urteil des BAG kann jedoch auch ohne eine solche Aufforderung der Anspruch auf Zusatzurlaub verfallen, und zwar dann, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich war, den Arbeitnehmer zur Realisierung dieses Urlaubsanspruches aufzufordern. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers hatte, denn dann hatte der Arbeitgeber keinen Anlass, den Arbeitnehmer auf Realisierung seines Zusatzurlaubes hinzuweisen.
Bekanntlich steigt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ab dem 01.10.2022 auf 12 €. Derzeit liegen die unteren beiden Entgeltgruppen der Tariflöhne in der Zeitarbeit (Entgeltgruppe 1 = 10,88 € und Entgeltgruppe 2a = 11,60 €) unterhalb dieses Niveaus. Um diese sinnwidrige Situation zu vermeiden, haben die Arbeitgeberverbände der Zeitarbeit (iGZ und BAP) in Verhandlungen mit den DGB - Gewerkschaften am 21.06.2022 Einigung über eine Anhebung der Tariflöhne der Entgeltgruppen 1, 2a und 2b erzielt.
Ab dem 01.10.2022 /dem 01.04.2023 / dem 01.01.2024 gelten folgende Steigerungen:
Entgeltgruppe 1 = 12,43 € (anstelle zuletzt 10,88 €), ab dem 01.04.2023 = 13,00 € und ab dem 01.01.2024 = 13,50 €.
Entgeltgruppe 2a = 12,63 € (anstelle zuletzt 11,60 €), ab dem 01.04.2023 = 13,20 € und ab dem 01.01.2024 = 13,80 €.
Entgeltgruppe 2b = 12,93 € (anstelle zuletzt 12,20 €), ab dem 01.04.2023 = 13,50 € und ab dem 01.01.2024 = 14,15 €.
Somit wird auch ab dem 01.10.2022 die Situation bestehen, dass die Tariflöhne der unteren Entgeltgruppen in der Zeitarbeit oberhalb des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns liegen.
Im Herbst 2022 soll über die neuen Tariflöhne in den höheren Entgeltgruppen verhandelt werden.
Bei dieser Gelegenheit informiere ich darüber, dass die beiden Arbeitgeberverbände der Zeitarbeit iGZ und BAP über eine Fusionierung verhandeln, um ihre Kompetenzen zu bündeln. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist derzeit noch nicht absehbar. Ich werde weiter berichten.
In einem vorangegangenen Artikel berichtete ich über den Wegfall des baugewerblichen Mindestlohns ab dem 31.12.2021. Welche Lohnuntergrenzen gelten aktuell im Bauhauptgewerbe?
Diese Frage stellt sich allerdings nicht für solche Betriebe, die Mitglied im "Zentralverband des Deutschen Baugewerbes" oder im "Hauptverband der Deutschen Bauindustrie" sind. Mitglieder dieser Verbände sind unmittelbar an die Entgelttarifverträge vom 05.11.2021 gebunden, die erst zum 31.03.2024 erstmalig von einer Tarifvertragspartei gekündigt werden können.
Für die nicht unmittelbar tarifgebundenen Betriebe gelten die vorgenannten Entgelttarifverträge mangels Allgemeinverbindlichkeit nicht.
Unterste Lohnuntergrenze ist der allgemeine gesetzliche Mindestlohn im Sinne von § 1 des Mindestlohngesetzes. Dieser Mindestlohn wurde zum 01.07.2022 auf 10,45 € pro Stunde (brutto) erhöht. Da der allgemeine gesertzliche Mindestlohn (abgesehen von wenigen hier nicht geschilderten Ausnahmen) sämtlichen Arbeitnehmern zusteht, gilt er auch für Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe. Zu beachten ist, dass der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ab dem 01.10.2022 auf 12 € steigen wird.
Weitere Lohnuntergrenze ist der sogenannte Lohnwucher. Gemäß § 291 Absatz 1 des Strafgesetzbuches macht sich strafbar, wer (abgekürzt formuliert) ein auffallend niedriges Arbeitsentgelt gewährt. Gemäß § 138 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ein Rechtsgeschäft (also auch eine Lohnvereinbarung) nichtig, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung (Arbeitsleistung) und Gegenleistung (Arbeitsentgelt) besteht.
Die Strafgerichte und Arbeitsgerichte sehen die Lohnwiuchergrenze bei 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns. Wenn also das Arbeitsentgelt 2/3 dieses Tariflohns nicht überschreitet, liegt Lohnwucher vor. Maßstab sind im Bauhauptgewerbe die bereits weiter oben genannten Entgelttarifverträge. Diese Tarifverträge enthalten verschiedene Stundensätze. Es bestehen Entgelttarifverträge für die Bundesländer in Westdeutschland, Ostdeutschland und für das Land Berlin. Sodann richten sich die Stundensätze nach den verschiedenen im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) geregelten Lohngruppen. Daher ist es nicht möglich, für sämtliche Bauarbeiter eine einheitliche Lohnwuchergrenze zu benennen.
Folgendes Beispiel für einen nicht hoch qualifizierten Einschaler / Maurer / Betonierer eines Betriebes in Westdeutschland: Das Stundenentgelt gemäß Lohngruppe 2 b lautet aktuell auf 17,69 €. 2/ 3 hiervon sind 11,78 €. Die Lohnwuchergrenze liegt also in diesem Beispielfall bei 11,78 €. Dieser Betrag würde ab dem 01.10.2022 nicht mehr hinreichend sein, da dann der allgemeine gesetzliche Mindestlohn auf 12 € steigt.
Die Lohnwuchergrenze sollte für jeden Einzelfall individuell ermittelt werden.
Zum ersten Mal seit dem Jahr 1997 besteht kein baugewerblicher Mindestlohn.
Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen fand ein Schlichtungsverfahren statt. Die Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft gab am 08.04.2022 bekannt, dass der im Schlichtungsverfahren erlassene Schlichterspruch abgelehnt wurde. Somit sind die Verhandlungen der Tarifvertragsparteien über einen baugewerblichen Mindestlohn zumindest derzeit beendet. Die Geltung der zuletzt zur flächendeckenden Geltung des baugewerblichen Mindestlohns führenden "12. Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe" war bis zum 31.12.2021 begrenzt. Seit diesem Zeitpunkt besteht kein baugewerblicher Mindestlohn mehr.
Derzeit ist nicht absehbar, ob und wann Tarifverhandlungen über einen baugewerblichen Mindestlohn wieder aufgenommen werden. Schon in den Tarifverhandlungen der vorangegangenen Jahre hatten die Bauarbeitgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Lohngruppe 2 (Facharbeiter - Mindestlohn) wegfallen soll. Im Schlichtungsverfahren hatten die Bauarbeitgeber einen einheitlichen baugewerblichen Mindestlohn in Höhe von 13 € vorgeschlagen. Dieser Betrag liegt 2,70 € unterhalb des bis zum 31.12.2021 geltenden Mindestlohns der Lohngruppe 2, was aus Sicht der IG Bau nicht akzeptabel war.
Angesichts der festgefahrenen Verhandlungspositionen sehe ich derzeit keine Aussicht für eine baldige Wiederaufnahme von Tarifverhandlungen über einen baugewerblichen Mindestlohn. Hinzu kommt die durch Knappheit mancher Baumaterialien und hohe Materialpreise ausgelöste Unsicherheit bei der Kalkulation von Baupreisen. Auch dieser Umstand spricht eher dafür, dass alsbald keine Tarifverhandlungen über einen baugewerblichen Mindestlohn stattfinden werden.
Personen und Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU erhalten eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Antragsteller mit Sitz in Deutschland. Dementsprechend kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass der Verleiher seinen Sitz im EU – Ausland hat. Bei einem Verleiher mit Sitz im Ausland ist die Meldepflicht des § 17 b AÜG zu beachten. Hiernach sind Meldungen über den Arbeitnehmereinsatz mit den in § 17 b AÜG genannten Daten zu erstatten.
Hervorzuheben ist, dass diese Meldungen nicht von dem (ausländischen) Verleiher zu erstatten sind, sondern von dem Entleiher. Diese Meldungen sind online einzustellen im sogenannten „Meldeportal Mindestlohn“. Diese Meldungen sind für den deutschen Entleiher sehr lästig, was dazu führen kann, dass der Entleiher keinen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit einem ausländischen Verleiher abschließen möchte.
In Gesprächen mit der Arbeitsverwaltung und der Generalzolldirektion konnte ich erreichen, dass es von den Behörden für zulässig erachtet wird, wenn mit einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Verleiher und Entleiher die Erledigung der Meldepflicht vom Entleiher auf den Verleiher übertragen wird. Nach Abschluss einer solchen Vereinbarung darf der (ausländische) Verleiher anstelle des Entleihers die Meldungen gemäß § 17 b AÜG erstatten.
Ich informiere Sie auf Wunsch gerne über die Details.